… 44 und es wird immer besser … edited!!

Vor ein paar Tagen sagte ich im Scherz zu einer Kollegin, nachdem ich fuer eine Stunden mit einem ziemlich uebellaunigen Kunden zu tun hatte „ich glaube ich bin einfach zu alt fuer so einen Stress“. Sie lachte (sie ist 60) und meinte „willkommen im Club“. Ha, ha .... Es entstand eine Diskussion darueber das man doch eben nur so alt ist wie man sich fuehlt und dass doch eine Zahl so gar nichts aussagt. Dennoch, gerade hier in USA - oder ist es einfach diese Zeit?, faellt mir auf, wieviel die Menschen an Zahlen haengen und diese als Entschuldigung benutzen „... ich kann ja nicht mehr so, weil ich bin 50“ ... „der Blutdruck steigt halt, wenn man mal ueber 45 ist“ ... „als Frau jenseits der 40 muss man mit Wechseljahrbeschwerden rechnen“ ... und wenn es in den Bereich ueber 55 geht, ist Diabetis fast schon Pflicht ... und so weiter und so fort. Ich kann da immer nur den Kopf schuetteln und frage mich, ob die Menschen nichts anderes im Leben geleistet haben, als sich ueber Krankheiten zu definieren!

Spaeter dachte ich – aufgrund meines bevorstehenden Geburtstages – nochmal darueber nach. Ja, manchmal tut der eine oder andere Muskel weh, zieht es hier und dort, aber dann weiss ich wenigstens dass ich noch lebe. Und wenn ich nach einem sehr aktivem Tag am naechsten Morgen aufstehe, sind die ersten Schritte etwas steif, doch so werde ich erinnert es langsam anzugehen. Ich habe auch schon mehr als ein graues Haar entdeckt, wobei ich diese nicht rausreisse, da ich eh so wenige und duenne Haare habe. Die Haut ist nicht mehr ganz so straff wie einst, aber ich habe mich in ihr nie wohler gefuehlt. Die Falten um die Augen sind schon ein paar Jahre sichtbar, alles Lachfalten. Und die Hosen von vor 20 Jahren passen definitv nicht mehr, aber die sind ja jetzt eh aus der Mode. Dennoch oder gerade deswegen, habe ich mich selten so "jung" oder besser gesagt "lebendig" gefuehlt wie gerade jetzt.

Als ich dann heute morgen aufwachte und noch eine Weile im Bett vor mich hindoeste (ich goenne mir das aber nicht nur an einem solchen Tag), kamen mir diese Gedanken wieder in den Sinn. Und ich musste an einen Satz denken, den ich mal irgendwo gelesen hatte, dass naemlich Geburtstage Aussichtspunkte auf der Lebenswanderung sind. Was ich passend finde, da ich meinen Pilgerweg sehr oft mit eben diesem Lebensweg verglichen habe. Und wie schoen doch die Sicht von meinem 44er Aussichtspunkt ist.

Ich bin aufgestanden, habe mir einen Kaffee gemacht und die Hunde versorgt. Anschliessend sind wir drei – die relative Kuehle des Morgens nutzend – spazieren gegangen. Da es tagsueber immer noch extrem heiss ist, sollte man alle Arbeiten draussen bis 11 Uhr erledigt haben. Dies im Kopf hatte ich beschlossen Rasen zu maehen. Ums Haus herum giesse ich und so waechst da der Rasen auch ein bisschen. Allerdings nicht so viel, dass es sich lohnte Craftsie (Aufsitzrasenmaeher) rauszuholen und so schob ich den guten alten Yardman vor mir her. Bis ich fertig war – ca. 1 Stunde spaeter - war ich klitschnnass geschwitzt, aber freute mich ueber das Ergebnis; und auch darueber, dass ich dies alles ueberhaupt nicht anstrengend fand. Und weil ich nun schon mal im Schwung war, holte ich die Handschuhe und rupfte hier Unkraut und ackerte da am Gemuesebeet rum. Last but not least galt es dann den umgestuerzten Baum zu beseitigen, den der letze Gewittersturm von Nachbars Grundstueck halb in das unsere geworfen hatte (zum Glueck um nen halben Meter am Zaun vorbei). Helmut ist ja eigentlich der Meister der Kettensaege und mir sind die Dinger immer so ein wenig unheimlich, aber ich sagte mir, dass kriege ich schon auch hin. Dann stellte ich jedeoch fest, dass kein Benzin im Tank war und beschloss ich kurzerhand die Pinie mit der Handsaege zu zerkleinern. Eine Stunde spaeter hatte ich den ca. 15 cm dicken Stamm in drei handliche Teile geteilt und weggeraeumt. Mein T-shirt klebte an mir und ich konnte gar nicht soviel Wasser in mich reinkippen wie ich duerstete. Aber – und darum erzaehle ich das Ganze – ich fuehlte mich gut. Nein, ich fuehlte mich besser! Nicht ob der getanen Arbeit, das war nur ein kleiner Teil. Nein, weil ich agil genug bin so etwas zu erledigen ohne dann tagelang kaputt zu sein. Vieles ist eben - wie die Amerikaner sagen - mind over matter.
Ich hatte waehrend des so vor mich hinarbeitens gedacht, ich war selten in meinem Leben fitter als jetzt – und das ist physisch und psychisch zu sehen. Ich bin kerngesund und fuehle mich wohl so wie ich bin und was ich bin.

Ich kann mit meinen jungen 44 schon auf eine ziemlich bewegte Vergangenheit schauen – auf die ich ehrlich nicht immer stolz bin, die aber ein Teil von mir ist und mich ausmacht. Ich habe ganz dunkle Zeiten gesehen und ganz helle. Ich bin fast gestorben und habe ueberlebt.
Auch habe ich schon mehrere Punkte meiner ‚Bucket list’ abgehakt ... fuer die, die den Film nicht kennen, das ist eine Liste mit Dingen, die man gerne einmal im Leben tun wuerde.

Ich habe es geschafft, meine Suechte zu besiegen und bin seit fast 13 Jahren trocken und kann (fast ganz) normal essen, rauche seit 7 nicht mehr; habe es geschafft mich von ziemlich weit unten rauszuhebeln. Ich bin erfolgreich zusammen mit meinem lieben Mann Helmut nach Texas ausgewandert. Ich bin den Jakobsweg von Deutschland aus nach Santiago gepilgert (Teile davon sind schon hier nachzulesen, naemlich hier:  http://www.kisimbawiebkeenroute.blogspot.com/ ). Ich schreibe an meinem zweiten Buch (das erste liegt allerdings unveroeffentlicht in der Schublade, aber was soll's ;-) Ich habe ein wunderbares Leben und viele Plaene fuer die Jahre die noch kommen. Ich glaube es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich wirklich aus tiefstem Herzen wuensche, dass noch viele Jahre kommen.

Ich spuere eine innere Gelassenheit und Ruhe. Ich bin mit mir Eins. Vor allem die letzten Monate auf meiner Wanderung haben mich dem Leben und mir selber naeher gebracht. Alles ist gut!

... und es wird immer besser ...