Glücklich?



Ist nicht die einzig wirkliche Verpflichtung, die wir haben, das Beste zu leben, was wir leben können und das Beste zu sein, was wir sein können? Und wenn nicht JETZT, wann dann? 

Wurmlinger Kapelle am Jakobsweg

Vom wollen und brauchen ...

… Ich halte ein dünnes, hässliches Gummiband in der Hand.
„Ein Armband, das mich überwacht?“ , frage ich.
„Ja“, sagt die freundliche Dame im Elektromarkt. „Es weiß, wann Sie schlafen oder wie weit Sie laufen.“
„Für was brauche ich sowas?“, frage ich.
Sie sagt: „Es geht nicht darum, was Sie brauchen, sondern was Sie wollen.“
Das finde ich einen tollen Satz.

Ich brauche es nicht – aber ich will es. Das ist bei mir oft so. Meistens bei Musik oder bei Büchern. Die braucht man ja nicht wirklich – man überlebt auch ohne Bücher, aber eben nicht so schön.
Aber will ich wirklich eine Uhr, mit der man telefonieren kann? Oder will ich ein Armband, das mir jeden Abend sagt, dass ich heute wieder zu faul war? Macht mich das fröhlich und zufrieden?
Jeden Tag bekommt man neue Angebote. Im Fernsehen zum Beispiel. Da zeigt mir die Werbung, was ich wollen soll – auch wenn ich es nicht brauche.
Vielleicht einen neuen Fernseher mit einem besseren Programm. Oder einen neuen Turnschuh, der länger laufen kann als ich.
Bei all diesen Angeboten, fällt mir oft etwas ein, den ich mal gelesen habe (ist glaube ich aus der Bibel): Prüft alles und das Gute behaltet.
Aber wie geht das?
Der Text ging weiter: Behaltet das, was tröstet. Das, was den Schwachen hilft. Und vor allem: Das, was fröhlich macht.
Der Glaube an mich und das Leben ist so eine Sache. Zu glauben, dass mit mir alles gut werden wird. Deshalb kann ich gelassen sein. Ich muss mich nicht kontrollieren lassen. Besser fröhlich als überwacht. Da, wo Menschen zusammen sitzen, sich unterhalten, lachen und fröhlich sind, da bleibe ich.

Ich vertraue darauf, dass ich geliebt werde wie ich bin. Und in diesem Vertrauen prüfe ich meine Angebote.
Also sage ich zu der freundlichen Dame mit dem Gummiband: „Entschuldigung, ich brauche es nicht und ich will es auch nicht. Ihnen einen schönen Tag.“

Von der Angst zum Mut.



»Damit unser Leben schöner werden kann, müssen wir manchmal eine große Angst durchqueren. Aber wenn wir all unseren Mut zusammennehmen und Schritt für Schritt hindurchgehen, werden wir wachsen. Wie eine Blume der Sonne entgegenwächst.« (Jochen Mariss)

 „Man muss stark und unerschrocken durchs Leben gehen. Wer Angst hat, ist ein Feigling.“ Lange Zeit glaubte ich das. Als Kind bzw. Jugendliche, war es ein schlechtes Gefühl, wenn ich an die Grenze meiner Angst geriet, wenn ich einsehen musste: Du bist eben doch ein Angsthase. Mutproben sind da wirksame ‚Spiele‘, um dies schnell herauszufinden. Sozusagen Angstdetektoren. Wurde meine Angst entdeckt, war mir das äußerst peinlich.

Heute weiß ich: das Ideal von der Angstfreiheit ist erstens eine Selbsttäuschung und zweitens eine Lüge. Ich jedenfalls kenne keinen Menschen, der von sich ehrlich behaupten könnte, er sei ganz und gar angstfrei. Die Angst gehört zum Mensch-Sein dazu. Sie ist sogar sehr wichtig. Sie zeigt mir meine Grenzen auf; die Angst sagt mir, wie weit ich gehen darf; wann ein Risiko zu groß wird. Wer diese Stimme nicht hört und versteht, begibt sich leicht in Lebensgefahr.

Natürlich hat die Angst auch eine gefährliche und zerstörerische Seite. Sie kann mich handlungsunfähig machen, lähmen. Zum Beispiel kann sich eine so weit steigern, dass die Prüfung wirklich in einem Desaster endet. Dann ist es gut, wenn ich die Angst in den Griff kriege. Wenn ich ihr etwas entgegensetzen kann.

Ich nehme meine Angst wahr und will sie auch nicht herunterspielen. Doch bemühe ich mich, ihr auch etwas entgegen zu halten.

Das Gegenteil von Angst ist für mich der Mut. Mut nicht im Sinne von Waghalsigkeit, sondern der Bereitschaft zum Handeln. Mut bedeutet: Ich sehe die Gefahr, das Risiko, aber ich weiß, dass ich die Herausforderung bewältigen kann.


Und ich bin überzeugt: Nur wer es versucht, kann es auch schaffen. – Doch wie oft höre ich von Freunden, von Kollegen oder von meinen Lesern:  „Toll gemacht, aber ich kann das nicht“.  Manchmal höre ich diesen Satz sogar von mir selbst.

Doch oft stellt sich dann heraus, dass aus dem „Ich kann das nicht“ mit ein bisschen Mühe und Durchhaltevermögen ein „Ich hab`s geschafft“ wird. „Ich kann das nicht“ ist so schnell gesagt. Und häufig stimmt es gar nicht, weil ich einfach behaupte etwas nicht zu können, ohne es überhaupt probiert zu haben. Vielleicht, weil es einfacher ist, als zuzugeben Angst davor zu haben.
Weil ich genau sehe, dass die Aufgabe, vor der ich stehe nicht leicht ist. Dass es mich einiges an Kraft, Einsatz und Willensstärke – und auch Überwindung - kosten wird, das zu meistern. Da ist es doch viel leichter zu sagen: Ich kann das nicht, als sich der Angst zu stellen, es zu versuchen und dann vielleicht doch zu scheitern.

Doch wie so oft im Leben ist einfacher nicht immer auch besser. Wie viele Dinge in meinem Leben habe ich nicht geschafft, weil ich schon vorher überzeugt war, dass es nicht klappen kann. Wie viele Erfahrungen habe ich mir entgehen lassen. Wie viele Meinungen nicht ausgesprochen und wie viele Gelegenheiten nicht genutzt. Nur, weil ich Angst davor hatte, zu scheitern und Angst vor der eigenen Courage. Ich kann das nicht, ist auch eine sehr einfache Art, sich vor einer Herausforderung zu drücken.

Sicher, wenn ich es versuche und es klappt nicht, dann werde ich enttäuscht sein. Aber vielleicht kann ich aus dieser Enttäuschung auch lernen. Und vielleicht klappt es ja doch. Vielleicht nicht sofort, vielleicht nicht perfekt, aber geschafft ist geschafft. In einer alten Volksweisheit heißt es: Es wäre sehr still in den Wäldern, wenn nur die Vögel singen würden, die es am besten können.

Und wie komme ich nun von der Angst zum Mut des Handels? Von der Verzagtheit zur Tatkraft?

In  Situationen, in denen es eng wird, brauche ich manchmal Ermutigung, das heißt jemanden, der mir Mut zuspricht. Der mich und meine Angst kennt und respektiert, nicht ins Lächerliche zieht, sondern mir ehrlich darin begegnet, mich aufbaut.

Was ich aber vor allem brauche, ist das Vertrauen in mich selbst und meine Entscheidungen.

Es braucht gar nicht perfekt sein. Vielleicht klappt es nur teilweise oder sogar gar nicht. Aber wenigstens habe ich es versucht.

Denn es wäre sehr still in den Wäldern, wenn nur die Vögel singen würden, die es am besten können.

vom lesen und schreiben und leben ....

18.03.2016. Die Gemeinde Selsingen hatte mir / uns ja freundlicherweise die Räumlichkeiten für 'lau' zur Verfügung gestellt, da die Mutter meiner Sandkastenfreundin sich sehr viel ehrenamtlich in der Gemeinde engagiert. Übrigens ein tolles Gemeindehaus mit norddeutschem 'Flair'.
 
Damit auch so ein wenig 'Camino-Stimmung' aufkommt, hatte ich Fotos mitgebracht, die ich aufgehängt habe. Und natürlich auch ein paar Dinge zum 'anfassen' (meine etwas zerfledderten Pilgerführer, eine Jakobsmuschel, Pilgerpässe und natürlich Bücher). Meine Digicam habe ich leider vergessen und daher leider keine Fotos gemacht.
 
Nicht wegen zu wenig Interesse, aber ob der kurzfristigen Ankündigung war ich nicht sicher, ob überhaupt jemand zur Lesung kommen würde. Letztlich waren dann fast 20 Zuhörer gekommen. Unter ihnen eine ehemalige Nachbarin aus der Kanalstraße, die mich als Kleinkind hin und wieder betreut hat. Sie hatte dann auch eine interessante Anmerkung aus der Zeit zu erzählen. In meinem Buch erwähne ich, dass ich eher ein Einzelgänger bin und mit allzugroßer Nähe nicht wirklich umgehen kann (vielleicht neigen Schriftsteller einfach dazu etwas eigenbrötlerisch zu sein :-) ). Sie meinte, dass ich schon als Baby so war und grundsätzlich lieber friedlich alleine in meiner Karre saß, als bei jemandem auf dem Arm ...
 
Am Anfang lese ich immer erstmal ein wenig vor, damit alle 'ankommen' können. Zum Einen im Raum und auf dem Weg. Nach dem ersten Erstaunen über meine Offenheit mit der ich über meine Reise, meine Gedanken, mich und mein Leben berichte, kommen dann auch die Fragen. Eine der ersten ist immer: Hattest Du keine Angst so alleine? Meine Antwort: Nein, ich habe mir darüber einfach keine Gedanken gemacht ... Meist folgen dann Fragen zu Übernachtung, Wetter, Kleidung oder den spezifischen Kapiteln, die ich vorlese usw.
 
Diesmal kamen aber auch Fragen zu meiner Suchterkrankung, was mich immer besonders freut. Das Thema 'Alkoholismus' (oder auch allgemein Sucht) ist immer noch mit einem großen Tabu behaftet und ich finde es wichtig es aus der 'Schmuddelecke' zu holen. Denn allermeistens sind es Menschen wie jeder andere auch - aber eben krank. Fragen waren z.B.: wie gerät man in die Sucht? Warum kann man nicht einfach aufhören? Was sind die Auswirkungen? Und die Frage: wie schafft man es aus der Sucht heraus? Aus meiner langen Erfahrung in der Suchkrankenhilfe weiß ich, dass jeder immer einen kennt, der ein Suchtproblem hat. Und somit im näheren oder weiteren Sinn betroffen ist. Und je offener ich bin, umso offener erzählen mir die Menschen von sich. So auch diesmal. Meist kommen sie nach der Lesung und wir sprechen eine Weile. Das sind für mich besondere Momente. Ich spüre, dass ich mit meiner Geschichte die Menschen berühren kann - das bewegt immer etwas.
 
Ganz generell sollte eine Lesung ja nicht unbedingt länger als eine Stunde gehen, aber bei mir klappt das nie. Ich erzähle gerne und die Zuhörer waren so interessiert - auch mit Fragen - dass es letztlich fast 2 Stunden wurden. Ich hatte das Gefühl, ich hätte nochmal eine Stunde lesen und erzählen können ...
 

Nicht perfekt …



Es gibt immer wieder solche Tage, an denen nichts richtig zu sein scheint, man sich in der eigenen Haut unwohl fühlt, man am liebsten jemand anderes wäre...

Stell dir vor, du wärst tatsächlich jemand anderes. Irgendjemand, den du siehst, vielleicht im Bus, auf der Straße oder im Supermarkt.
Fühlst du dich manchmal unwohl in deiner Haut? Stell dir vor, du hättest diesen anderen Körper. Was würdest du vermissen? Was würdest du nicht tauschen wollen? Was würde dich am anderen Körper stören?
Wenn du dich entscheiden könntest, dieser ganz andere Körper mit seinen Fehlern und Makeln, oder dein eigener: Du wirst spüren, dass der Gedanke an einen anderen Körper befremdlich ist, dass du froh bist, so zu sein wie du bist.

Hast du Probleme mit deinem Beruf? Stell dir vor, du hättest einen vollkommen anderen Arbeitsplatz. Welche Aufgaben und Schwierigkeiten kämen auf dich zu? Hättest du die Gelegenheit alle deine Stärken zu zeigen und zu nutzen?
Finisterre
Wenn du von heute auf morgen den Arbeitsplatz wechseln könntest, würdest du alle Gewohnheiten, Aufgaben und Kollegen verlassen wollen? Wenn du diese Frage mit "Ja" beantworten möchtest, solltest du dir Gedanken darüber machen, was du dir für deine berufliche Zukunft wünschst.

Bist du manchmal unzufrieden mit deinem Freundes- oder Familienkreis? Fühlst dich alleine, unverstanden oder bist von der Familie gestresst? Stell dir vor, diese Menschen in deinem engsten Umfeld würden wegziehen, auswandern oder hätten gar keine Zeit mehr für dich.
Würdest du Sie ersetzen können oder wollen? Welche Erfahrungen verbinden dich mit den Menschen, machen die Bindung aus? Die kann niemand ersetzen. Was wäre wenn es dir mitten in der Nacht schlecht ginge, könntest du jemanden anrufen und aus dem Bett klingeln? Wenn die Antwort "Ja" lautet, kannst du dich glücklich schätzen.

Am Ende dieses kleinen Gedankenexperimentes wirst du spüren, dass dein Leben vielleicht nicht perfekt ist, aber trotzdem schön. Fast alles hat Seiten, die so schön sind, dass man sie nicht tauschen wollte, auch wenn sich dadurch vielleicht andere Probleme lösen würden…


Einen schönen guten Morgen!



… aber was ist denn ein guter Morgen, wie ist er schön? Wodurch wird er schön? Das geht mir durch den Kopf und ich überlege, was für mich ein schöner Morgen ist. Wie er optimal für mich ist. Das krieg ich natürlich auch nicht immer hin. Aber immer öfter…

Zu einem guten Morgen braucht es erstmal eine gute Nacht. War der Schlaf ausreichend, also nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel, dann sieht auch der Morgen meistens recht gut aus. Frisch und mit Spannkraft. Zu einem guten Morgen gehört für mich auch ganz wesentlich die Ruhe: Bloß nicht in den Tag stürzen. Lieber ein wenig früher aufstehen, damit ich die erste Tasse Kaffee in Ruhe trinken kann.

Diese ersten Minuten des Tages, freue ich mich über  Stille. Ich , mein Kaffee, die Küche. Ich nutze diese Zeit um im Tag anzukommen, nachzudenken, vorzufühlen. Da brauche ich keine Worte. Manchmal gehe ich den Tag durch, welche Ereignisse mich erwarten, welchen Menschen ich wohl begegnen werde. Manchmal freue ich mich auch einfach nur zu sein.

Zu einem guten Morgen gehört für mich auch das Radio. Wobei ich nicht die ganze Zeit angespannt zuhöre. Es läuft so nebenher. Es ist mir nach den Minuten der Stille auch wichtig. Als Wachmacher, als akustischer Stimmungsmacher, wegen der Nachrichten und auch um zu hören, welch gutes Wort mir vielleicht mit in den Tag gegeben wird.

heute Morgen bei mir um die Ecke …
Freiwillig, aber ich gebe zu nicht immer mit vollem Enthusiasmus (vor allem wenn draußen kalt und noch dunkel ist), gehört dann das Gassi gehen mit meinem Hund Clyde dazu. Eine kurze Überwindung, dann ist es gut. Und laufe ich dann erstmal, genieße ich auch schon die frische Luft, das erste Vogelzwitschern – gefühlt habe ich die Welt noch für mich alleine. Der Himmel beginnt heller zu werden, schön ist es, wenn der Tag kommt. Dieser Blick in die Natur lässt mich leben und nicht nur funktionieren.

Wenn ich mich dann ins Auto setze um ins Büro zu fahren, halte ich noch einen kleinen Moment inne, bevor ich losfahre. Nochmal durchatmen. Das hilft mir, in Ruhe hinauszutreten in den Tag. Und diese Ruhe möglichst lange beizubehalten. Zum Wohle für mich und die Menschen, die mir an diesem ganz normalen, einmaligen Tag begegnen werden…

In diesem Sinne, wünsche ich Euch allen einen schönen und guten Morgen und einen ebensolchen Tag!